2023 Aktuell Nachruf Positionen

Zum Tod von Bruno Flierl (1927-2023)





Nachruf der Hermann-Henselmann-Stiftung

Bruno Flierl  (1927—2023)


[ Traueranzeige für Bruno Flierl / Berliner Zeitung vom 12.08.2023 ]

Wir nehmen Abschied von einem unvergleichlichen Menschen mit wachem Geist und sagen Danke! Als Architekt hat sich Bruno Flierl wissenschaftlich mit den Wechselwirkungen von Gesellschaft und gebauter Umwelt beschäftigt. Lustvoll gegen Oberflächlichkeit, Geschmacksdiktatur und Allmachtsanspruch von Planer*innen und Politiker*innen gekämpft. Das hat ihn in der DDR, in die er aus dem Westen voller Hoffnung gekommen war, um die Karriere gebracht.

Ende 1981 wurde seine wissenschaftliche Laufbahn rabiat beendet, das hat ihn krank und zum Invalidenrentner gemacht. Aber Bruno Flierl hörte nicht auf zu arbeiten und zu streiten, er blieb für die Mächtigen eine feste kritische Größe. Die große Anerkennung in Fachkreisen und in der Studierendenschaft stand in direktem Verhältnis zu dem Misstrauen, das ihm die Funktionäre entgegenbrachten. Seine eigene politische Haltung während der DDR-Zeiten beschrieb Bruno Flierl selbst als Balance zwischen Festhalten und Widerstehen – der sozialistischen Idee treu bleiben, Kritikwürdiges kritisieren und Alternativen vorschlagen. Bruno Flierl war als einer der wichtigsten Architekturtheoretiker einer der wenigen ostdeutschen Intellektuellen, deren Stimme auch nach 1990 Gewicht hatte. Er war bis vor wenigen Jahren als Gutachter, Autor und Referent rastlos, es hielt ihn nicht im Hintergrund. Seine Arbeit konzentrierte sich im Wesentlichen auf zwei Felder: Die kritische Aufarbeitung der Entwicklung von Städtebau und Architektur in der DDR und den städtebaulich-architektonischen Vereinigungsprozess in Berlin. Dabei lautete sein Credo: Weiterbau in die Zeit nach der DDR und nicht Rückbau in die Zeit vor der DDR. Zu seinen wichtigsten und offenbar frustrierendsten Tätigkeiten nach der Wende zählte sicherlich die Arbeit in der Internationalen Expertenkommission Historische Mitte Berlin. Er war deren einziges Mitglied, das gegen den Wiederaufbau des Berliner Stadtschlosses stimmte. Man brauche kein “kommentarlos hingebautes Schloss von gestern”, sondern ein Forum, in dem Vergangenheit und Zukunft der Deutschen diskutiert würden.

Bruno Flierls Kritik am konfrontativen Städtebau des Planwerks Innenstadt oder des Masterplans für den Alexanderplatz oder der Vernichtung des Palastes der Republik ist allgegenwärtig. Es hat lange gedauert und ist unstreitig auch sein Verdienst, dass das moderne Nachkriegserbe in Ost und West – das es so in keiner anderen Stadt der Welt gibt – endlich die Anerkennung erhält, die es verdient. Die meisten Fachleute werden das Buch von Bruno Flierl «Berlin – die neue Mitte» Texte zur Stadtentwicklung seit 1990 kennen. Für viele von uns ist es ein unschätzbarer Fundus und bleibt wichtig auch für aktuelle inhaltliche Positionierungen.

Bruno Flierl hat sich mit der Frage, wie Einzelne wirksam werden können in der Gesellschaft, auseinandergesetzt. «Ich habe gelernt, das kann man gar nicht allein – man muss es im Verein mit anderen, in kollegialer Zusammenarbeit mit anderen, die ähnliches wollen, oder in der Öffentlichkeit, in der Auseinandersetzung, auch kontroverser, und je demokratischer und offener ein solcher Klärungsprozess vor sich geht, da habe ich einiges mehr indirekt als direkt erreicht.»

Wir verneigen uns vor einem Jahrhundert-Menschen. Vor einem unermüdlichen Forscher, Streiter, Mahner, Berater und Wegbegleiter. Seine Ideen und die Erinnerung an ihn leben weiter.

Traueranzeige im ND / 21.07.2023



     

Weitere Nachrufe   Presse · Rundfunk

Die wandelnde Architekturgeschichte – Nachruf auf den Architekten Bruno Flierl
Unweigerlich kam Spannung auf, sobald er ans Mikrophon trat, um zu einem seiner stets druckreifen Kommentare anzusetzen. Bruno Flierl war der einflussreichste Architektur- und Stadttheoretiker der DDR, zudem vehementer Kritiker der SED-Baupolitik. An den messerscharfen Analysen und provokanten Thesen dieses brillanten Redners kam in der DDR kein engagierter Architekt vorbei. Als nach 1990 das große Reisen begann, ließen sich seine Freunde und Schüler die Architekturwunder von Chicago, Brasilia oder Singapur lieber von ihm zeigen als von irgendwelchen Cityguides. Das lag wohl am kulturellen Konsens. Was und wie man im Osten über Planen und Bauen dachte, fand gerade unter Jüngeren seine Wurzeln in «Brunos» unermüdlichen Lehr- und Leitsätzen: Architektur ist immer nur so gut, wie die Gesellschaft, in der sie entsteht.
Aufgewachsen in Schlesien, nach Kriegsdienst und französischer Gefangenschaft in Berlin gelandet, begann Bruno Flierl 1948 an der Hochschule in Charlottenburg Architektur zu studieren. Noch vor dem Diplom wechselte er in den Ostteil der Stadt, «aus Begeisterung für die Verheißungen der sozialistischen Alternative». Hier wollte er den Traditionalismus der stalinistischen Baudoktrin überwinden, eine moderne Gesellschaft ohne moderne Architektur war ihm nicht vorstellbar. 1954 kam endlich die baupolitische Wende, in Moskau wurde auf Industrialisierung des Bauwesens orientiert. Mitten in jener Phase baukultureller Neuorientierung wurde Flierl 1962 die Chefredaktion der Fachzeitschrift Deutsche Architektur angeboten. Vom «Tauwetter» beflügelt, suchte er das proklamierte Neue nicht nur in innovativen Bautechnologien, sondern auch in einer Demokratisierung der Planung. Neueste Bauvorhaben wurden von ihm kritisch kommentiert, ästhetische Kontroversen angezettelt, auf Bürgerinteressen bei der Gestaltung ihrer Städte gepocht. Von frechen Disputen junger Absolventen mit dem Bauminister brachte er die Protokolle ins Blatt. Nach drei furiosen Jahren war er den Posten in der Zeitschrift wieder los. Neben zahllosen Sympathisanten hatte er jetzt auch zuverlässige Feinde, im Apparat. (…) Auszug / betr. vollständiger Darstellung von Text und PDF – siehe nachfolgende Links
16.08.2023 / Wolfgang Kil / Bauwelt / NachrufQuelle/PDF Quelle/Text



Analytiker und Provokateur · Nachruf auf Bruno Flierl 1927–2023
Als der untersetzte Mann mit der weißgrauen Wuschelfrisur und dem verschmitzten Blick schon in hohem Alter sich aus den Berliner Debattierkreisen zurückzog, blieb eine Lücke. Bruno Flierl war Architektur- und Stadttheoretiker mit umfassender Kenntnis der jüngeren Berliner Planungsgeschichte, vor allem war er ein inspirierender Gesellschaftsdenker. An seinen messerscharfen Analysen und mitunter provokanten Thesen war schon in der DDR kein engagierter Architekt vorbeigekommen. Auch in der Nachwendezeit haben souveränes Wissen und die unüberhörbare Leidenschaft seiner jederzeit druckreifen Reden ihm zu Ansehen und zahlreichen Zuhörern verholfen. (…) Bruno Flierl war überzeugter Sozialist, der für sein Reformstreben auf eine belehrbare Obrigkeit hoffte. In der DDR kam er so in den Ruf eines aufrechten Freigeistes. Die Spielregeln der Westgesellschaft sind andere, jetzt wurden ihm Ehren zuteil für seine Klugheit, seinen Charme und Verdienste in der Vergangenheit. Das aktuelle Geschehen nur noch als Zuschauer zu verfolgen, fiel dem notorischen Einmischer schwer. «Wie soll ich mich noch Architekturtheoretiker nennen, wenn ich für diese Gesellschaft keine Theorie mehr habe?» Noch mit solch ernüchtertem Lebensfazit verweist Bruno Flierl auf die Erschütterungen seines Jahrhunderts. Im stolzen Alter von sechsundneunzig Jahren ist er in der Nacht vom 16. zum 17. Juli in einem Berliner Altenheim gestorben. Auszug / betr. vollständiger Darstellung von Text und PDF – siehe nachfolgenden Link
2023-09 / Wolfgang Kil / DAB · Architektenkammer Berlin / NachrufQuelle/PDF



Architekturhistoriker Bruno Flierl gestorben: Machender Denker
Er ging 1950 in die DDR, um am Sozialismus mitzubauen, und blieb dem System gegenüber dennoch kritisch: Im Alter von 96 Jahren ist der Architekturhistoriker Bruno Flierl gestorben. — Fein und sehr genau sprechend, scheinbar immer freundlich lächelnd selbst bei den kühnsten Thesen – das war Bruno Flierl. Jedenfalls jener Bruno Flierl, der nach 1990 schnell als fast großväterlich weiser Doyen all derjenigen anerkannt war, die sich in der neuen Bundesrepublik in irgendeiner Art und Weise mit der Architektur- und Planungskultur der unter gegangenen sozialistischen Staaten beschäftigten. — Dabei war der 1927 im schlesischen Bunzlau Geborene da längst pensioniert, nicht nur aus gesundheitlichen Gründen, sondern auch, weil die Oberen der DDR-Architekturpolitik ihn 1984 endlich los sein wollten: Seine dauernde Kritik am schematischen Plattenbau, an der Vernachlässigung der Altstädte zugunsten des Neubaus, seine frühen Mahnungen vor den ökologischen und sozialen, psychologischen, vor allem aber wirtschaftlich und kulturell verheerenden Folgen kamen nicht gut an. (…)
18.07.2023 / Nikolaus Bernau / Tagesspiegel / NachrufQuelle



Die wandelnde Architekturgeschichte – Nachruf auf den Architekten Bruno Flierl
«Ich wollte nicht für Privatpersonen bauen» — «Mein Vater hat mir da ‚nen Schubs gegeben und gesagt: Sieh mal, wir müssen aufbauen – die Ruinen auf den Straßen und die Ruinen in den Köpfen der Menschen. Wir wollten alles neu machen. Und das ging im Westen nicht. Ich wollte nicht für Privatpersonen bauen, hatte die Illusion, im Sozialismus baut dann das selbstorganisierte Volk.» (…) / Textauszug aus einer früherem Portrait bei DRadio im Gespräch mit Klaus Pokatzky (22.02.2017) / Den Traum einer besseren Gesellschaft gebe ich nicht auf
18.07.2023 / Nikolaus Bernau im Gespräch mit Sigrid Brinkmann / Fazit / Deutschlandfunk Kultur / Nachruf



Die DDR war das Land seiner Wahl: Ein Abschiedswort für den Architekten Bruno Flierl
In der Erinnerung sehe ich uns fast ausschließlich auf der rechten, nördlichen Seite der Linden zusammensitzen. Es ist strukturell die Seite von form+zweck, der Kunstgeschichte des Städtebaus und von „Ästhetik heute“. Die andere Seite hatte er Mitte der 1970er-Jahre unfreiwillig hinter sich gelassen. Das ISA, Institut für Städtebau und Architektur der Bauakademie, und die Redaktion der unter seiner Schriftleitung vorübergehend zur kritischen Institution gewordenen Zeitschrift Architektur der DDR lagen unseren Treffpunkten gegenüber am anderen Ufer der Straße, als Gegenpole. (…) Noch wichtiger für die Zukunft ist das Verständnis der „zentralen städtebaulichen Achse“ des modernen Wiederaufbaus, das Bruno Flierls vielleicht wichtigster Beitrag für die Berliner Baukultur ist. Man sieht nur, was man dank ihm weiß: wie schön dieser landschaftlich aufgeweitete Raum städtebaulich noch immer ist.
18.07.2023 / Simone Hain / Berliner Zeitung / NachrufQuelle



Eine Institution der DDR-Architektur · Zum Tod von Bruno Flierl
Am 17. Juli 2023 ist der Architekt und Publizist Bruno Flierl im Alter von 96 Jahren verstorben. Obwohl er keine baulichen Lebenszeugnisse hinterlassen hat, war er eine Institution auf dem Gebiet von gebauter Umwelt, Gesellschaft und Kunst. Man muss den Mann, dessen leidenschaftliches Engagement sich auf die Gestaltung einer modernen sozialistischen Gesellschaft bezog, als ein zentrales, zumal analytisch bildgebendes Medium und als unermüdlichen Mediator bezeichnen. (…) Bei den aufflammenden Debatten um die Gestaltung des wiedervereinten Berlin, sei es im Stadtforum oder in der Expertenkommission für den Wiederaufbau des Schlosses, wurde Bruno Flierl als Elder Statesman wohl geschätzt und gehört. Jedoch dem grassierenden Verfall von Intellektualität und städtebaulicher Ordnung in der wiedervereinten, aber politisch kulturell auseinanderbrechenden Stadt, konnte auch er nicht Einhalt gebieten.
20.07.2023 / Simone Hain / Baunetz / NachrufQuelle



Stadt von der Zukunft her denken · Nachruf Architekturkritiker Bruno Flierl
Schon zu seinem Achtzigsten hat er angefangen zu räumen, zu sortieren, zu archivieren. «Ich habe nie systematisch abgelegt», sagte er nach seinem Geburtstag, den er in einem türkischen Restaurant in Berlin-Mitte gefeiert hatte, in einem Interview mit der taz. «Ich habe aber auch nichts weggeworfen. Also musste ich finden.» — Es müssen Unmengen an Papier gewesen sein, durch das sich Bruno Flierl damals kämpfen musste. Protokolle, Dokumente, Aufsätze, aber auch Zurechtweisungen aus seiner Zeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter der DDR-Bauakademie oder als Chefredakteur der Zeitschrift Deutsche ­Architektur. Aber auch, da war die DDR schon Geschichte, als Mitglied der Kommission Historische Mitte, in der er als Gegner des Abrisses des Palastes der Republik am Ende auf verlorenem Posten gekämpft hat. — Es waren die hitzigen Debatten der neunziger Jahre, in denen Bruno Flierls Stimme wieder gefragt war. Ein kritischer Geist schon zu DDR-Zeiten, über jeden Zweifel erhaben, auch den der Ostalgie: So einem hörte man zu in der wiedervereinigten Stadt, erst recht, wenn er sich einmischte und in den Weg stellte. Nicht nur gegen den Palast-Abriss, auch gegen die an Kahlschlag grenzende Verve, mit der das neue Berlin gegen die sozialistische Moderne vorging.
19.07.2023 / Uwe Rada / taz / NachrufQuelle



Bauhaus, Hochhaus, Fernsehturm · Zum Tod von Bruno Flierl
Bruno Flierl ist gestorben. Der Fachmann für die Architektur der DDR wurde 96 Jahre alt. Ein Nachruf. — Jetzt, wo seine bedächtige Stimme verstummt ist, die so viel aus erster Hand über die Vergangenheit berichten konnte und immer gern Rat für die Zukunft gab, jetzt bleiben immer noch die Schriften von Bruno Flierl. Denn in denen hat er nicht nur über Architektur, sondern auch über sich selbst oft Auskunft gegeben.
20.07.2023 / Peter Richter / Süddeutsche Zeitung / NachrufQuelle



Architekturkritiker Bruno Flierl gestorben
Der Architekt und Architekturkritiker Bruno Flierl ist im Alter von 96 Jahren gestorben. Das meldete der Berliner «Tagesspiegel». Flierl war einer der wichtigsten Bauexperten in der DDR. Flierl siedelte als überzeugter Kommunist 1950 in die DDR über. Nach Stationen als Chefredakteur der Zeitschrift Deutsche Architektur und als Leiter der Bauakademie leitete er eine einflussreiche Arbeitsgruppe im Bund Deutscher Architekten. Nach der Wende setzte er sich für das bauliche Erbe des Sozialismus ein.
18.07.2023 / Deutschlandfunk Kultur / NachrufQuelle



Unser Autor Bruno Flierl ist tot
Sein Buch »Haus. Stadt. Mensch. Über Architektur und Gesellschaft« erschien im Frühjahr 2019. Geplant war es zu seinem 90. Geburtstag, der zwei Jahre zuvor bereits stattgefunden hatte. Der engagierte Architekt und Stadtplaner fand kein Ende. Die Gespräche über Architektur und Gesellschaft regten den bekennenden Sozialisten stets zur Fortsetzung des Dialogs und zu neuen, interessanten Überlegungen an. Der Mann hatte was zu sagen. Bruno Flierl hat nicht nur ideelle Spuren hinterlassen, sondern auch viele in der Stadt sichtbare. Die Neugestaltung des Pariser Platzes, des berühmten Areals vorm Brandenburger Tor, wurde von ihm konzipiert. Ein bedeutenderes Denkmal gibt es kaum. — Bruno Flierl ist am Abend des 17. Juli 2023 in einem Berliner Pflegeheim verstorben. Er hinterlässt im intellektuellen Kanon Deutschlands eine Lücke, die nicht zu schließen ist. Wir trauern.
21.07.2023 / rap / Eulenspiegel Verlagsgruppe / NachrufQuelle



Bruno Flierl, 96
Er war nie bequem. Weder für die Mächtigen in der DDR noch im wiedervereinigten Deutschland. In eine Familie von Architekten hineingeboren, wollte er nach dem Zweiten Weltkrieg und Kriegsgefangenschaft als junger Mann ein sozialistisches Land aufbauen. Bruno Flierl begann sein Architekturstudium in West-Berlin, zog nach Ost-Berlin, wurde wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Deutschen Bauakademie, später nahm er dort eine leitende Position ein. Aber er eckte an, weil er den Plattenbau und die Vernachlässigung der Altbauten kritisch sah. Nach dem Fall der Mauer war er eine der wichtigsten Stimmen in der Diskussion um die Planung für das vereinte Berlin, argumentierte gegen den damaligen Senatsbaudirektor Hans Stimmann und dessen Konzept der «Kritischen Rekonstruktion», das den Wiederaufbau des Berliner Stadtschlosses vorsah. Flierl wurde Mitglied der einflussreichen Expertenkommission Historische Mitte Berlin. Den Abriss des Palastes der Republik konnte er nicht verhindern. Bruno Flierl starb am 17. Juli in Berlin.
21.07.2023 / DER SPIEGEL 30/2023 / NachrufQuelle



Bruno Flierl 1927–2023
Er war der wohl profilierteste Theoretiker für Architektur und Städtebau der DDR. Am 17. Juli 2023 ist der Architekt, Architekturhistoriker und Publizist Bruno Flierl im Alter von 96 Jahren verstorben.Bruno Flierl galt sein Leben lang als kritischer Geist, der sich einmischte und oft aneckte, aber um einer guten Lösung willen stets zu moderieren suchte: in der DDR, deren Konzentration auf den Plattenbau und Vernachlässigung des Bestands er kritisch gegenüberstand, wie auch später im wiedervereinten Berlin, wo er für das Erbe der sozialistischen Moderne eintrat und in den oft emotional geführten Debatten der Stimmann-Ära als konstruktiver Kritiker galt. — 1927 in Niederschlesien geboren, studierte Flierl nach dem 2. Weltkrieg zunächst an der Universität der Bildenden Künste in Berlin-Charlottenburg, kehrte dem Westen aber bereits 1950 den Rücken, um als überzeugter Kommunist den Sozialismus in der jungen DDR mit aufzubauen. Zu seinen weiteren bedeutenden Stationen zählen die Universität Weimar, die er 1952 mit Diplom abschloss, die Deutsche Bauakademie (ab 1952), seine Tätigkeit als Chefredakteur der Zeitschrift Deutsche Architektur (1962-1964), die Leitung der Gruppe für Theorie der Architektur und des Städtebaus an der Bauakademie (1965 bis 1979) und schließlich der Bund der Architekten BdA der DDR, wo er 1975 bis 1982 die gewichtige Arbeitsgruppe «Architektur und Bildende Kunst» leitete. Nach der Wiedervereinigung wurde Bruno Flierl 1991 in den BDA Berlin berufen. — Längst im Ruhestand, blieb er mit seinem großen Wissensschatz auch in der Folge weiter gefragt, unter anderem in der Internationalen Expertenkommission Historische Mitte Berlin, in die er 2001 berufen wurde.Im Folgenden möchten wir Bruno Flierl noch einmal selbst zu Wort kommen lassen, und damit diesen großen, feinsinnigen Geist und Streiter für die Baukultur in Ost und West würdigen. — Video/Vimeo
StadtGestalten, Interview vom 30. März 2011: Das Interview wurde 2011 im Rahmen des Chronik-Projektes des BDA Berlin geführt und 2015 mit der DVD StadtGestalten – Kurzfilme mit Zeitzeugen Berliner Baugeschehens veröffentlicht (in Kooperation mit Fred Plassmann und Erika Mühlthaler).
26.07.2023) BDA / NachrufQuelle